[Immortality. Slavic Variations]
von Tatjana Petzer
Kann der Tod überwunden, der Mensch unsterblich werden? Erkenntnisse der natur- und lebenswissenschaftlichen Forschung seit der Moderne haben ein neues Bewusstsein für Sterblichkeit und Vergänglichkeit geschaffen sowie Ideen über die Verlängerung des Lebens und physische Unsterblichkeit auf den Prüfstand gestellt. Wegweisende Befunde und Entwürfe slawischer Autoren reihen sich nicht nur in zeitgenössische und aktuelle Diskussionen ein, sondern haben auch eigene Visionen und Technologien mit kulturspezifischer Signatur hervorgebracht. In den Entwicklungen experimenteller Disziplinen, etwa der medizinischen Kybernetik, Robotik und Quantenphysik, erkannten sie Möglichkeiten zur Entgrenzung des Lebens. Heute sind diese Positionen und Suchbewegungen in der Immortologie programmatisch verankert. Von Porfiri Bachmetjew bis Dimitri Itzkow, von Maxim Gorki bis Borislav Pekić haben eine beeindruckende Reihe slawischsprachiger Forscher, Visionäre und Schriftsteller ihre einzigartige, ebenso spekulative wie fruchtbare Perspektive auf das menschliche Leben und die Unsterblichkeit formuliert.
[Can death be overcome? Can humanity become immortal? Since Modernity, new findings and research in the natural and life sciences have created a new consciousness for mortality and transience. They have also led to new ideas on the prolongation of life and have put physical immortality to the test. Pioneering findings and concepts by Slavic authors were not only incorporated into contemporary debates, they have also brought forth their own visions and technologies with their own culture-specific signatures. With the development of experimental disciplines such as medical cybernetics, robotics, and quantum physics, they have encountered possibilities for the dissolution of the boundaries of life. Today, these positions and research movements are programmatically rooted within the discipline of immortology. From Porfiry Bakhmetiev to Dmitry Itskov, from Maxim Gorky to Borislav Pekić an impressive line-up of Slavic-language researchers, visionaries, and writers have formulated their unique, speculative, and fruitful perspectives on human life and immortality.]
Inhalt und Leseprobe:
https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/unsterblichkeit-13168.html
Wissen und Glaube. Figurationen des Synergos in der slavischen Moderne
[Knowledge and Faith. Figurations of the Synergos in Slavic Modernism]
von Tatjana Petzer
Synergismus, das Zusammenwirken des Menschen mit Gott und Natur, ist ein wesentlicher Schlüssel zur Anthropotechnik und Transformationsästhetik des slavisch-orthodoxen Kulturraums.
Visionen des modernen Synergos, die sich angesichts neuer wissenschaftlich-technischer Möglichkeiten an der Wende zum 20. Jahrhundert ihren Weg bahnten, verbinden christliche und säkulare Umgestaltungsprojekte und trennen sie zugleich. Der Synergiediskurs geht dabei keineswegs nahtlos in zeitgenössische Sozialutopien und die Entwürfen des Neuen Menschen der sowjetischen Biopolitik über. Vor dem Hintergrund der epistemischen Umbrüche und Synthesen um 1900, die das Verhältnis von Wissen und Glauben neu justierten, untersucht das Buch synergetische Modellbildungen insbesondere in der russischen Philosophie, Wissenschaft, Literatur und Kunst als ein Fundament der modernen slavischen Wissenskultur.
[Synergism, the interaction of man with God and nature, is essential for understanding the anthropotechnics and aesthetics of transformation of the Slavia orthodoxa.
Christian and secular projects of transformation emerging in the face of new scientific and technological possibilities at the turn of the 20th century are linked by visions of the modern synergos as much as they are set apart be them. Synergistic discourse does not transform seamlessly into contemporary social utopias and the designs of the New Man of Soviet biopolitics. Against the backdrop of the epistemic shifts and syntheses around 1900, which recalibrated the relationship between knowledge and faith, the book examines the formation of synergistic models, notably in Russian philosophy, science, literature and art, as a cornerstone of modern Slavic knowledge culture.]
Inhaltsverzeichnis und Einleitung zum Band:
https://brill.com/view/title/57480?language=de
Das Projekt Open Access Lexikon SynergieWissen lädt ab sofort zur Einreichung von Materialien zu historischen wie aktuellen Konzepten, Praktiken und Fragen der Synergie ein. Willkommen sind relevante Informationen im Notizformat ('Wissensschnipsel'), als Ideensammlung oder Literaturliste. Ziel unserer Plattform ist es, Kenntnisse über Synergie zu sammeln, zu strukturieren und das Lexikon SynergieWissen fortlaufend zu erweitern sowie open access zu teilen.
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Kontakt: info@synergiewissen.de
Das Fellow-Programm Freies Wissen wurde 2016 von Wikimedia gemeinsam mit dem Stifterverband als neues Konzept zur Förderung Offener Wissenschaft ins Leben gerufen. In diesem Jahr werden erneut 20 Stipendien an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die lernen möchten, wie Offene Wissenschaft in der Praxis funktioniert.
Aus insgesamt 78 Einreichungen wurden die besten 20 Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt, darunter Tatjana Petzer vom ZfL mit ihrem Projekt »Open Access Lexikon SynergieWissen«. Zum Programmauftakt kommen die Stipendiatinnen und Stipendiaten vom 6. bis zum 8. Oktober in Berlin mit den Mentorinnen und Mentoren und dem Programmteam zusammen, um die Umsetzung ihrer Projekte in den kommenden acht Monaten zu beginnen.
Im diesem zweiten Programmjahr beteiligt sich neben Wikimedia und dem Stifterverband auch die VolkswagenStiftung als Partner am Fellow-Programm. Darüber hinaus bringen sich mit der Technischen Informationsbibliothek (TIB), dem Museum für Naturkunde Berlin, dem Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität Berlin und der Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen vier wissenschaftliche Partner mit Qualifizierungsangeboten zu verschiedenen Themen rundum Offene Wissenschaft in das Programm ein.
Mehr Information gibt es unter https://blog.wikimedia.de/2017/09/29/fellow-programm-freies-wissen-das-sind-die-fellows-im-programmjahr-20172018/
Am 5. 7. 2017 fand im Rahmen der Synergiefeatures ein Workshop zu modernen Unsterblichkeitskonzepten statt. programmflyer.pdf
Die Referenten führten interdisziplinäre Perspektiven auf entsprechende Entwürfe in Wissenschaft, Philosophie, Literatur und Kunst aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa zusammen und untersuchten deren kulturelle Spezifika. Die Spannbreite der Themen reichte dabei von den Entwürfen des russischen Kosmisten Konstantin Ciolkovskij über die Entwicklung der sowjetischen Kybernetik, Biologie und Medizintechnik bis zu aktuellen Unsterblichkeitskonzepten in Russland. Dass die Suche nach einem Mittel gegen die Sterblichkeit des Menschen nicht nur die Naturwissenschaften inspirierte, wurde anhand der Vorträgen zur Bedeutung dieses Topos in der südslawischen Science-Fiktion-Literatur, der Kunst der Organischen Schule und des Prager Undergrounds deutlich.
Mehr dazu im Protokoll zum Workshop
ZfL Berlin, 29. Juni 2016
Im Gespräch mit den Herausgebern Tatjana Petzer und Stefan Steiner stellten die Autoren Christina Vagt, Igor Polianski und Georg Töpfer Ausschnitte aus ihren Beiträgen vor und stießen im Anschluss gemeinsam mit den Zuhörern bei einem Glas Synergy Wein auf die Neuerscheinung an.
Die klassische Anthropologie, so der russische Physiker und Religionsphilosoph Sergej Choružij, hat Leerstellen. Dazu zählt die energetische Natur des Menschen, die in der ostkirchlichen Tradition eine besondere Rolle in Theologie wie mystisch-asketischer Erfahrung spielt. Von dieser Tradition inspiriert, begründete Choružij eine philosophische Anthropologie. Das Gespräch mit ihm über die synergetisch-transformative Perspektive dieser Anthropologie im Besonderen und die im Forum geführte Synergie-Diskussion im Allgemeinen führte Anar Imanov in russischer Sprache.
http://www.zflprojekte.de/synergie/doku.php?id=features:anthropologie:interview_choruzij
27.4.2016, 16-18 Uhr, ZfL Berlin
Welcher diskursiver Praktiken bedienen sich Theoretische Physik und Astrophysik, um die Beschaffenheit von »Wurmlöchern« und »Dunkler Energie« zu konzeptionalisieren? Diese werden als »fiktive Entitäten« bzw. »diskursive Leerstellen« verstanden, denen die Funktion zukommt, zukünftige Forschungsfelder zu organisieren. Fokussiert wird zum einen die Zusammenarbeit zwischen Carl Sagan, Autor des Romans Contact (1988) und Kip Thorne, ehemaliger Inhaber der Feynman Professur für theoretische Physik am California Institute of Technology sowie Autor wegweisender Schriften zur Allgemeinen Relativitätstheorie, die sich auch mit »Wormholes« und Zeitreisen beschäftigen. Zum anderen wird die Arbeit der Nobelpreisträger für Physik Saul Perlmutter und Adam G. Riess zur Konzeptualisierung einer weiteren fiktiven Entität, »Dark Energy«, betrachtet.
Vortrag und Gespräch mit Dr. Aura Heydenreich (FAU Erlangen-Nürnberg), Literaturwissenschaftlerin und Mitbegründerin von ELINAS, dem Erlangener Forschungszentrum für Literatur- und Naturwissenschaft
Treffpunkt: 16-18 Uhr am ZfL Berlin, Schützenstrasse 18, 3. Etage, Seminarraum 303. Diskussionsvorlage auf Anfrage.
Kontakt: synergie@zfl-berlin.org
In Faltungen und Ausfaltungen sah Deleuze den grundlegenden Wesenszug der barocken Architektur und des monadologischen Denkens von Leibniz. Andreas Keller (ZfL) führt zunächst ein in die Prämissen und die diskursive Funktion des Begriffs der Falte. Er folgt dieser Denkfigur der Beweglichkeit anhand von Beispielen gefalteter Materie und Texturen bzw. der Falten in der Seele und des Geistes, die sich im Prozess der Perzeption bilden. Daran anschließend geht Tatjana Petzer (ZfL) dem Hinweis auf einen »islamischen Barock« nach. Deleuze machte einen solchen im Faltensystem marokkanischer Frauengewänder aus, wie es um 1900 von Gaëtan Gatian de Clérambault fotografisch dokumentiert wurde und nicht zuletzt dessen medizinischen Blick beeinflusste. Dieser Fall eröffnet dann die Diskussion über die Aktualität von Deleuzes Falte.
Treffpunkt: 16-18 Uhr am ZfL Berlin, Schützenstrasse 18, 3. Etage, Seminarraum 303. Diskussionsvorlage auf Anfrage.
Kontakt: synergie@zfl-berlin.org
Synergie ist ein Schlüsselbegriff in Wissenschaft und Gesellschaft. Wie wird er historisch und gegenwärtig verwendet? Was zeichnet ihn als produktives Paradigma in interdisziplinären Forschungs- und Praxisfeldern aus?
Als Modell einer holistischen Beschreibung der Wirklichkeit macht die synergetische Perspektive die aristotelische Einsicht fruchtbar, dass das Ganze mehr ist als bloß die Summe seiner Teile. Allgemeine Theorien des Zusammenwirkens (synérgeia) nehmen hier ihren Ausgangspunkt.
Mit Blick auf kooperative Interaktionen und dynamische Strukturbildungen in Natur, Kunst und Gesellschaft untersuchen die Beiträge philosophie-, wissenschafts- und kulturgeschichtliche Konstellationen, in denen Synergie-Konzepte besondere Konjunktur haben, und fragen nach dem Zukunftspotenzial dieser transdisziplinären Denkfigur.
Der Band versammelt Texte von Lisa Borland, Peter Corning, Susanne von Falkenhausen, Gabrielle Fois-Kaschel, Dietmar Hansch und Hermann Haken, Marie-Luise Heuser, Georgi Kapriev, Elena Knyazeva, Joachim Krausse, Vanessa Lux, Klaus Mainzer, Tatjana Petzer, Igor Poliankski, Stephan Steiner, Dieter Thomä, Georg Toepfer und Christina Vagt. Die Beiträge verstehen sich allesamt als Bausteine zu einer Kultur- und Wissensgeschichte der Synergie. Über die historisierende Betrachtung hinaus untersuchen die AutorInnen die Aktualität des Synergieparadigmas und die Denkfigur der Synergie als treibende Kraft der holistischen Modellbildung in Theologie, Philosophie, Wissenschaft, Medizin und Kunst. Insbesondere fragen sie nach der Funktion und Nutzbarmachung synergetischer Perspektiven in Hinblick auf die Generierung, Integration und Anwendung von (Zukunfts-)Wissen.
Inhaltsverzeichnis und Einleitung zum Band:
https://www.fink.de/katalog/titel/978-3-7705-5896-4.html
In seiner wissenschaftshistorischen Dissertation von 2013 hat Bernd Kröger den wissenschaftlichen Werdegang des Stuttgarter Physikers und Mathematikers Hermann Haken (geb. 1927 in Leipzig), Mitglied des Ordens »Pour le Mérite«, nachgezeichnet. Eindrucksvoll wird der Wettlauf zwischen der sog. Stuttgarter Schule und amerikanischen Forschern auf dem Weg zur quantenmechanischen Lasertheorie und die Begründung von Hakens Synergetik nachgezeichnet. Mit letztere, einer umfassenden Theorie der Selbstorganisation, konnte Haken erklären, wie in energetisch offenen Systemen – ohne äußere Einwirkungen – aus Unordnung Ordnung entsteht. Die Synergetik berührt die Gebiete der nichtlinearen Prozesse, der Komplexitäts- und der Chaostheorie und erwies sich als Schlüssel für die Erklärung selbstorganisatorischer Prozesse nicht nur in Physik, Chemie und Biologie, sondern auch in Medizin, Ökologie, Soziologie und vor allem in der Psychologie. Im Anhang der Monografie ist eine umfangreiche Bibliografie Hermann Hakens und ein Verzeichnis seiner Schüler enthalten.
2015 erschein im Springer-Verlag die englischsprachige Übersetzung »Hermann Haken: From the Laser to Synergetics. A Scientific Biography of the Early Years«
Dieter Thomä erkundet in Auseinandersetzung mit Klassikern wie Adam Smith, Jean-Jacques Rousseau und Sigmund Freud die Potentiale und Wirkungsgeschichte des Synergiebegriffs als einer zu Unrecht vernachlässigten Option sozialtheoretischen Denkens. Synergie und Sympathie werden als sozialphilosophische Grundbegriffe entwickelt, die für verschiedene Formen der Vergesellschaftung stehen: Neben Mitleiden und Mitfühlen treten Zusammenhandeln und Zusammenwirken. Dieses begriffliche Doppel wird im Rückgang auf einen der wichtigsten Theoretiker der Sympathie erkundet, der zugleich auch Theoretiker der Synergie ist: Adam Smith. Bei Smith ergibt sich eine Leerstelle beim politischen Kollektiv, die mit Hilfe von Jean-Jacques Rousseau geschlossen werden kann. Es zeigt sich, dass die sozialphilosophische Erörterung von Synergie und Sympathie starke gendertheoretische Implikationen hat, weshalb am Ende ein Blick auf Sigmund Freud und die Psychoanalyse lohnend erscheint.
Diskussionsgrundlage auf Anfrage.
Treffpunkt: 16-18 Uhr, ZfL Berlin, Schützenstrasse 18, 4. Etage, Seminarraum 403. Kontakt: synergie@zfl-berlin.org
Histories of modern art have generally been written by scholars far removed from the context of the early twentieth century and for whom the term “science” has invariably signified Einstein and Relativity Theory. Yet, with the popularization of Einstein and his theories occurring only after the 1919 eclipse expedition, the key figures of modern art—from Cubists to the pioneers of abstraction Kandinsky, Mondrian, and Malevich—operated in a milieu quite different from that of the 1920s onward. The ether of space, for example, dismissed by Einstein as irrelevant, was basically lost to cultural history during most of the last century. Yet, as Charles Gibson’s 1909 statement documents, the ether was still at the center of the popular understanding of the nature of reality in this period. In addition to a conception of space as filled with vibrating ether, matter had been reconceived in the wake of the discovery of X-rays, the electron, and radioactivity in the 1890s and was now often discussed as dissolving into the ether or being formed from it, as in Lord Kelvin’s “vortex atom.” How can we comprehend the works of modern artists and their theories without a better grasp of the popular understanding of science and the nature of space and matter in the first decades of the century? Linda Henderson’s current book project, “The Energies of Modernism: Art, Science, and Occultism in the Early 20th Century,” seeks to remedy this situation, focusing on the “meta-reality” beyond human vision that stimulated the imaginations of artists in the early 20th century—from higher, unseen dimensions of space (“the fourth dimension”) to the long-forgotten ether.
venue: ZfL Berlin, Schützenstrasse 18, 3. Etage, seminar room 303
Diskussion mit Georg Toepfer am 12.02.14, 16-18 Uhr, ZfL Berlin
Welche Stellung hat der Synergiebegriff in naturwissenschaftlichen, insbesondere biologischen Erklaerungen? Der langen Geschichte des Konzepts entsprechend reichen die betrachteten Anwendungsfaelle von der Antike bis in die Gegenwart. Die epistemische Rolle des Synergiebegriffs wird dabei im Kontext verwandter Begriffe betrachtet, die ebenfalls holistische Relationen bezeichnen, etwa des Emergenzbegriffs, mit dem aber, umgekehrt als im Fall von ›Synergie‹, vom Ganzen zu den Teilen geblickt wird. Ein besonderer Fokus des Gesprächs wird auf der Frage liegen, wie es diesen Brueckenbegriffen gelingt, eine analytische und eine synthetische Perspektive in der Betrachtung von ganzheitlichen Systemen miteinander zu verbinden.
Diskussion mit Magnus Schlette (Leiter des Arbeitsbereichs “Theologie und Naturwissenschaft”, FEST Heidelberg) am 22.01.2014
Ausgangspunkt bildet die Schlusspassage von Kants Kritik der praktischen Vernunft, in der sich die berühmte Formulierung findet: “Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.” Die Vertrautheit des Satzes lässt leicht darüber hinweg lesen, dass Kant darin programmatisch die Notwendigkeit eines Dialogs zwischen den heterogenen Wissensformen moralischer Reflexion einerseits,naturwissenschaftlicher Forschung andererseits einfordert. Im Horizont des zeitgenössischen Ringens um ein interdisziplinäres Gespräch zwischen Naturwissenschaften und Ethik stellt sich deshalb die Frage nach Implikationen, Aktualität und Grenzen von Kants kryptischem Text.
Treffpunkt: 16-18 Uhr am ZfL Berlin, Schützenstrasse 18, 3. Etage, Seminarraum 303. Kontakt: synergie@zfl-berlin.org
Auf der Suche nach einem Ausweg aus der allgemeinen Kulturkrise um 1900 wurde für den russischen Religionsphilosophen Vladimir Solov’ev das theurgische Kunstschaffen, in dem Gott und Mensch bei der kreativen Umformung der Welt synergetisch zusammenwirken, programmatisch. In seiner Nachfolge verpflichteten sich insbesondere die russischen Symbolisten der performativen Theurgielehre und strebten nach einer umfassenden Transformation und Erneuerung der Wirklichkeit mittels der Synthese von Religion, Kunst und Technik. Dass das Wort, gottgewirkt und vergöttlichend zugleich, maßgeblichen Anteil an der religiösen und kulturellen Erneuerung haben sollte, wurde auch im Postsymbolismus manifest. Der Workshop untersucht die epistemischen, anthropologischen und ästhetischen Bedingungen und Konsequenzen dieser theurgisch-transformatorischen Sprache in der russischen sowie frühsowjetischen symbolistischen, nachsymbolistischen und avantgardistischen Kunst und Literatur.
Programm:
10:00: Tatjana Petzer (ZfL/Zürich): Zur Einführung: Symbol – Theurgie – Transformation – Synergie
10:30-12:30
Aage Hansen-Löve (Wien): Dionysik und Apollinik als Medienmythen des Symbolismus
Georg Witte (FU Berlin): Transformative Theorie der poetischen Sprache von Andrej Belyj bis Osip Mandel’štam
Mittagspause
14:15-15.00
Henrieke Stahl (Trier): Bildendes Denken. Andrej Belyjs Erkenntnistheorie als theurgische Erkenntnispraxis
Kaffeepause
15.20-16.50
Jurij Murašov (Konstanz): Proletarische Theurgie und die Elektrifizierung des Wortes. Zu Andrej Platonov
Susanne Frank (HU Berlin): Transformationsästhetiken der Moderne: Symbolismus – SozRealismus (Am Beispiel der Symbolik von „Weiß“, „Schnee“ und „Eis“)
Diskussionsvorlage reader_symbol_theurgie.pdf
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Schützenstr. 18, 10117 Berlin, 3. Et., Seminarraum 303, 10-17 Uhr
Kontakt: synergie@zfl-berlin.org